Medizinethik: Profit statt Patientenwohl?

Medizinethik: Profit statt Patientenwohl?

Seminar zur Ehtik der Medizin und praktischen Philosophie

Die heutige hochtechnisierte Medizin verlängert und verbessert das Leben von Millionen Menschen. Zugleich bringt sie jedoch neue Herausforderungen mit sich, die sowohl individuelles als auch gesellschaftliches Konfliktpotenzial entfalten. Das liegt insbesondere daran, dass diese Herausforderungen unser Verständnis von „Selbstbestimmung“, „Gerechtigkeit“ und einem „guten Leben“, aber auch das berufliche Selbstverständnis vieler Ärzte zutiefst betreffen.

 
Im Seminar legen wir unseren Schwerpunkt auf zwei besonders brisante medizinethische Entwicklungen der vergangenen Jahre, nämlich auf die Herausforderungen der Transplantationsmedizin sowie die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens.
Wir werden somit zunächst untersuchen, welche Organe auf welche Weise gegenwärtig transplantiert werden können, wie deren Vergabe europaweit organisiert ist – und anhand welcher Kriterien diese Vergabe entschieden wird. Denn hierbei entsteht nicht nur Missbrauchspotenzial, sondern es konkurrieren auch unterschiedliche Gerechtigkeitsmodelle miteinander, wodurch verschiedene neue drängende Fragen entstehen.
Im zweiten Teil des Seminars widmen wir uns der zunehmenden Regulierung des Gesundheitswesens nach den Kriterien von Wettbewerb und Effizienzsteigerung. Problematisch ist diese Entwicklung zum einen, weil sie von den Leistungsanreizen für Patienten und Ärzte bis zu den Zielen von Krankenhäusern und Krankenkassen mittlerweile alle Ebenen des Gesundheitswesens umfasst. Zum anderen ist diese Entwicklung problematisch, weil damit neue, teils schwerwiegende Zielkonflikte im Spannungsfeld von ärztlichem Berufsethos, Patientenwohl, Pharmaindustrie, Krankenhäusern und Krankenkassen entstehen. Kann ein Patient beispielsweise noch vollends auf die Empfehlung eines Arztes vertrauen, der Bonuszahlungen für bestimmte Diagnosen oder Therapien erhält? Können wir erwarten, dass Krankenhäuser, die von börsennotierten Kapitalgesellschaften geführt werden, ihr Handeln primär in den Dienst der Patienten stellen? Ist Patienten und auch Ärzten mit der Umstellung des Abrechnungsverfahrens auf das DRG-System (diagnosis related groups) tatsächlich gedient?

Am letzten Seminartag besteht dann die Möglichkeit, entweder eine Facette dieser beiden Themengebiete weiter zu vertiefen oder auch ein weiteres Feld der Medizinethik zu bearbeiten – wie etwa Sterbebegleitung oder Präimplantationsdiagnostik (PID). Dies überlassen wir den Interesseschwerpunkten der Teilnehmer und freuen uns schon jetzt auf ein diskussions- und erkenntnisreiches Seminar.